Drucken

Zusammenfassung der Rede vom Sonntagsspaziergang am 04.11.2018
(Audio-Mitschnitt am Ende des Artikels)

b_215_215_16777215_0_0_images_stories_akt18_181104-sonntagsspaziergang_181104-sosp-neckarwestheim-4.jpgLiebe Atomkraftgegnerinnen, liebe Atomkraftgegner,
heute beleuchten wir als Aktionsbündnis auf unserem Protest-Sonntagsspaziergang die „Energiepolitische Situation“. Hier treffen inzwischen zwei total unterschiedlich Welten und Interessengegensätze aufeinander. Die fossilen Großkraftwerke hauptsächlich Atom und Kohle mit ihren „Altkonzernen“ und zentralen Machtstrukturen in der Erzeugung und Verteilung der Energie. Auf der anderen Seite die sich dezentral und regenerativ „von unten“ entwickelnde neue Energiewende-Welt. Mit ganz anderen Besitz- und Erzeugerstrukturen in dezentraler und regionaler Form. Diese Interessenkonflikte nehmen zu.
Dann gibt es ja vordergründig einen Atomausstieg. Was ist da wie geregelt, beim „Atomausstieg Nr. 1“ von 2002, bei den Laufzeitverlängerungen 2010 und nach Fukushima 2011 mit dem Atomausstieg Nr. 2?!

Das Motto unseres heutigen Protest-Sonntagsspazierganges ist:

Atomausstieg, AKW- Laufzeiten & Entschädigungen

Was wurde mit dem Atomausstieg Nr. 2011 nach Fukushima vereinbart?
Am 11. März 2011 kam es in Fukushima in drei Atomkraftwerken zur Kernschmelze, zum atomaren Super-Gau mit den bis heute andauernden Verstrahlungen und den daraus resultierenden gesundheitlichen Erkrankungen. In Deutschland waren damals 17 Atomkraftwerke in Betrieb. Statt Atomausstieg sofort wurden nur 8 Atomkraftwerke abgeschaltet! Die anderen 9 Atomkraftwerke erhielten trotz Fukushima und des ungeklärten Problems Atommüll wohin eine weitere Betriebserlaubnis über viele Jahre.

Seit 2011, also innerhalb von jetzt über sieben Jahren, sind mit diesem „Atomausstieg“ nur zwei der weiteren 9 AKWs abgeschaltet worden. Erst Ende 2019 soll mit Philippsburg 2 ein weiteres AKW stillgelegt werden. Die sechs größten und gefährlichsten AKWs dann erst Ende 2021 und Ende 2022 abgeschaltet werden. Davor ist dann nach dem September 2017 wieder im September 2021 noch die nächste Bundestagswahl, bevor die 6 AKWs, mit denen die Betreiber täglich Millionen verdienen, endlich abgeschaltet werden sollen.
Atommausstieg sieht anders aus! Atomausstieg sofort und regenerative Energiewende jetzt!

 

Liebe Atomkraftgegnerinnen, liebe Atomkraftgegner,

was wurde im sog. „Atomausstieg Nr. 1 im Jahr 2002, geregelt, wie der Ausstieg definiert?

Dazu zuerst ein Rückblick in die politischen Auseinandersetzungen. Warum gab es einen Beschluss zu diesem Schritt im Bundestag? Massive Proteste gegen CASTOR-Transporte und den Weiterbetrieb der Atomkraftwerke mit Widerstandsaktionen und Demonstrationen von zehntausenden von Menschen über mehrere Jahre haben ihn Außerparlamentarisch erzwungen.
Nur deshalb gab es 2002 den rot/grünen Koalitions-Beschluss mit dem Atomausstieg Nr. 1. Wurden jedoch damals auch ab 2005 die Standort-Zwischenlager für den hochradioaktiven Müll in den CASTOREN an den AKWs beschlossen. Dies damit es keine Proteste mehr gegen diese Transporte geben kann. Wurde in Form von Reststrommengen den AKW-Betreibern eine Betriebsgarantie für die Atomkraftwerke gegeben. Diese Reststrommengen bedeuteten einen mindestens 38-jährigen AKW-Betrieb! Die Reststrommengen konnten und können bis heute auf andere AKWs übertragen werden!

Mit der Inbetriebnahme der Standortlager ab 2005 gab es keine CASTOR-Transporte mehr und der Widerstand gegen den Betrieb der Atomkraftwerke flachte deutlich ab. Das politische Ziel der Befriedung wurde vorerst erreicht.
Statt Atomausstieg erfolgte im Jahr 2010 dann die Kehrtwende mit Laufzeitverlängerungen. Vorausgegangen war eine politisch gesteuerte Kritik an der Energiewende: zu teuer, nicht rasch genug umsetzbar usw. Dann beschloss die damalige CDU / FDP-Koalition Laufzeitverlängerung für alle AKWs von mindestens 12 Jahren. Also zuerst AKW-Betrieb mit Reststrommengen für 38 Jahre aus dem Atomausstieg Nr. 1, plus 12 weitere Jahre AKW-Betrieb als Laufzeitverlängerung.


Super-Gau in Fukushima März 2011

Zuerst gab es ein dreimonatiges Moratorium wo die Politik zusammen mit den Energiekonzernen und deren Lobbyisten hinter den Kulissen den „Atomausstieg Nr. 2“ verhandelte.

Als Beispiel Lobbyist Gerd Hennenhöfer:
**
Leiter der Abteilung Reaktorsicherheit 1994 bis 1998
von 1994 bis 1998 unter Umweltministerin Angela Merkel Leiter der Abteilung Reaktorsicherheit im Bundesumweltministerium, die unter anderem für Fragen der Endlagerung und die Durchsetzung sicherheitstechnischer Standards des Bundes bei den deutschen Kernkraftwerken zuständig ist.

** Anstellung bei VIAG/Eon 1998 bis 2003
v
on 1998 bis 2003 war er Generalbevollmächtigter für Wirtschaftspolitik des Energiekonzerns Viag, der im Jahr 2000 mit dem VEBA-Konzern zur E.ON fusionierte. Für Viag führte Hennenhöfer die Verhandlungen mit der rot-grünen Bundesregierung zum Atomausstieg und unterzeichnete die Verträge zum Atomkonsens.

** Tätigkeit als Jurist für Redeker Sellner Dahs 2004 bis 2009
d
ort beriet er unter anderem das Helmholtz Zentrum München, den damaligen Betreiber des Versuchsendlagers Asse II. Das Honorar hierfür betrug knapp 500.000 Euro. Weiterhin fertigte er bezüglich der Frage der Reststrommengen-Übertragung von neueren auf ältere Atomkraftwerke ein Rechtsgutachten an.

**Leiter der Abteilung Reaktorsicherheit von 2009 bis 2014
Im Dezember 2009 wurde Hennenhöfer erneut Leiter der Abteilung Reaktorsicherheit im Umweltministerium, diesmal unter Umweltminister Norbert Röttgen. Er war insoweit an den Gesprächen um AKW-Laufzeitverlängerungen beteiligt, als die Laufzeiten für eine Gesetzesumsetzung in Strommengen umgerechnet werden mussten.

** Vorsitzender der Gruppe der Leiter der europäischen Atomaufsichtsbehörden ab 2013


Atomausstieg Nr 2 nach Fukushima

Nach Fukushima gab es statt einem Atomausstieg und dem Abschalten aller 17 AKWs einen pseydo-Ausstieg mit dem Abschalten von nur 8 Atomkraftwerken. 9 AKWs erhielten lange Laufzeiten die hauptsächlich bis Dezember 2021 und Dezember 2022 gingen und gehen.

Von der Politik wurde dieser Atomausstieg zu Gunsten der Energiekonzerne „ausgeklüngelt“ und handwerklich in schlechter rechtlicher Form realisiert. Der gesundheitliche Schutz der Bevölkerung wurde und wird hinter die Gewinn-Interessen der Energiekonzerne gestellt.

Nur weil der rechtliche Rahmen so gefasst wurde, haben die AKW-Betreiber Vattenfall, EON, RWE und EnBW überhaupt die Chance und Möglichkeit dagegen zu Klagen und vor Gericht einen Anspruch auf Schadensersatz durchzusetzen. Vor dem Bundesverfassungsgericht haben RWE, EON und Vattenfall auf Schadenersatz wegen dem Atomausstieg geklagt. Wollten ursprünglich sogar 19 Milliarden Euro haben.
Bekamen vor Gericht dann RWE + Vattenfall mit einem Urteil Anspruch auf einen finanziellen Ausgleich von ca. 1 Milliarde Euro! WARUM? Nur wegen dem früher zugesagten Anspruch auf Reststrom-Mengen!
EON erhält nichts, da sie die Strommengen auf andere AKWs übertragen können. Dies hat die EnBW schon gemacht und deshalb erst gar nicht geklagt.


Übersicht finanzielle Unterstützung der Energiekonzerne:


Kurzer Überblick Energiekonzerne

Vattenfall: hat das gesamtes Braunkohlegeschäft (Lausitz) billig an einen tschechischen Investor verkauft. Es besteht der Verdacht, dass der Investor hauptsächlich an den hohen Pensionsrückstellungen und an zukünftigen Kohleausstiegsmilliarden interessiert ist. Vattenfall ist noch am Kohlekraftwerk Moorburg bei HH und zusammen mit RWE + EON an AKWs beteiligt.

EnBW: produziert den größten Stromanteil nach wir vor mit Atom und Steinkohle, trotz der seit Jahren propagierten Energiewende im Konzern. Hat ein großes Problem, wenn die AKWs endlich abgeschaltet werden, der Kohle-Emissionshandel endlich wieder teurer wird. Hat das große Wasserkraftwerk Rheinfelden, jedoch seit Jahren finanzielle Probleme um in Erneuerbare größer investieren zu können. Deshalb aktuell neue Anleihen von 500 Millionen Euro ausgegeben, um an Gelder zu kommen

RWE + EON: die beiden größten Konzerne haben wegen der Energiewende einen drastischen Absturz ihrer Geschäftsmodelle erlebt und stecken noch mitten drin im Überlebenskampf. Zuerst Lösungsversuch bei Eon 2014 mit der Neugründung von Uniper, im Jahre 2016 bei RWE-Tochter Innogy um jeweils das Altgeschäft und die Erneuerbaren zu trennen. Als bad bank gedacht und angelegt, hat jedoch nicht funktioniert.
Jetzt planen bisher größten Konkurrenten eine gemeinsame Aufteilung der Geschäftsfelder als letzten Rettungsschritt. RWE soll der große produzierende Konzern werden und von EON alle Kraftwerke Kohle, Atom usw. erhalten. Auch alle erneuerbaren Anlagen zur Stromproduktion. EON soll ein neuer sog. Dienstleistungskonzern werden. Erhält im Gegenzug von RWE alle Netze und alle Kunden im bisher getrennten Gas- und Stromgeschäfte. Würde auf diesem Bereich ein europäischer Großkonzern werden. Dies ist durch die Hintertüre der letzte Versuch der beiden Konzerne eine neue Macht- und eine neue Monopolstruktur zu erhalten.

 

Liebe Atomkraftgegnerinnen, liebe Atomkraftgegner,

kurze Übersicht zur aktuellen Situation bei der Energiewende.
Hier findet seit vier Jahren mit neuen rechtlichen „Zwangsvorschriften“ ein politischer Ausbremsversuch statt. Ziel ist es den weiteren Zubau an Photovoltaik und Wind an Land auszubremsen. Dies damit die bisherigen Konzerne und Strukturen Zeit gewinnen, die bisherige sprunghafte Entwicklung „von unten“ mit Bürgerwindrädern, Genossenschaften usw. massiv behindert wird.
Um was geht es?
Mit neuen rechtlichen Bestimmungen wurde erzwungen, dass es

  1. Zubaukorridore als jährliche Begrenzungen gibt, das Gegenteil von „puschen“ für Wind an Land und für die Photovoltaik
  2. Zwangsausschreibungen für alle Windräder und alle größere Photovoltaikanlagen

Mit den bisherigen Ausschreibungen haben nur wenige Anbieter Zuschläge erhalten. Das Ergebnis für Baden-Württemberg bedeutet, dass es keinen Zuschlag mehr für Windräder gibt und im „Ländle“ aufgrund dieser Zwangsausschreibungen kein neues Windrad in den nächsten Jahren errichtet wird.
Wir werden auf unserem nächsten Sonntagsspaziergang am 2. Dezember auf den aktuellen Stand beim Thema Energiewende näher eingehen.

Im Jahr 2018 hat der  Klimawandel in Deutschland mit sehr viel Sonne und Wind im ersten Halbjahr zu einer regenerativen Nettostromproduktion von 41% geführt. Dies ist ein neuer Rekord, bisher lag der Höchstwert von 2017 bei 38%!


Liebe Atomkraftgegnerinnen, liebe Atomkraftgegner,

jetzt geht es um das Ende der Braunkohleverstromung in Deutschland. Bereits seit Jahren finden hier gute Aktionen und auch Proteste von vielen tausend Menschen statt. Jetzt wollte RWE mit ihrer alten Arroganz und der politischen Unterstützung auf Landes- und Bundesebene im „Hambacher Forst“ weitere Rodungs- und Protestverhinderungsmaßnahmen durchziehen. Viele Aktivisten und auch das Gerichtsurteil mit dem Rodungsstopp haben hier jetzt einen vorläufigen und hoffentlich endgültigen Schlussstrich gezogen. RWE und die politische Helfer müssen sich neu „sortieren“, der Widerstand gegen die gesundheitsgefährliche und CO2-katastrophale Braunkohleverstromung muss weiter gehen!

Es geht insgesamt darum, die bisherige gesundheitsschädliche und energiepolitisch unsinnige fossile Stromproduktion zu beenden. Die Zukunft ist wie bisher auch schon dezentral, regenerativ und hat andere Erzeugungs- und Besitzstrukturen. Die noch laufenden 7 Atomkraftwerke und die uralten riesigen Braunkohlekraftwerke behindern die weitere rasche Energiewende. Fossiler Strom darf keine Vorfahrt mehr haben!

Wir fordern:            

Audio-Mitschnitt Teil 1 des Vortrags

 

Aktuelle Situation GKN 2

Liebe Atomkraftgegner/innen,

seit dem 31.08.18 findet im Block 2 in Neckarwestheim die Jahresrevision statt, ist der Atommeiler vom Netz. In lapidaren Pressemitteilungen der EnBW gab es die Information dass in zwei von vier Dampferzeugern an Heizrohren die Rohrwände geschwächt sind. EnBW und das Umweltministerium als Aufsichtsbehörde verharmlosten die technischen und sicherheitsrelevanten Probleme und stuften das Ereignis in die Sicherheitsstufe „keine relevanten technische Bedeutung“ ein.
Erst auf Nachfrage und weiteren Recherchen wurde bekannt, dass in zwei von vier Dampferzeugern an über 100 Heizrohren gravierende Schäden vorhanden sind. Dass in diesen defekten Heizrohren statt der Wandstärke von 1.2 Millimetern aufgrund einer Spannungsrisskorrision nur noch Wandstärken von 0,1 Millimetern vorhanden wären. Im Primärkreislauf fliest permanent mit großem Druck radioaktives Wasser durch die Leitungen.
Die EnBW behauptet trotzdem, dass alle Heizrohre aus einer „speziellen, sehr festen Legierung aus Eisen, Nickel und Chrom bestünden“ und eine Restwandstärke von 0,1 Millimeter ausreichend wäre. Das Umweltministerium als atomare Aufsichtsbehörde deckt diese Aussage. Geht’s noch?!

Die EnBW will Neckarwestheim 2 unbedingt noch im November wieder in den atomaren Betrieb nehmen. Mit dem Umweltministerium wäre abgestimmt, dass die defekten Heizrohre mit einem Stopfen versehen werden. Dazu muss beachtet werden, dass ein defektes Heizrohr im Primärkreislauf unmittelbar Radioaktivität frei setzt und ein gravierendes Sicherheitsrisiko darstellt. Wenn sich die Wandstärke von Heizrohren um über 90% reduziert, muss ein schwerwiegendes technisches und physikalisches Problem vorliegen, das in einem Atomkraftwerk nicht durch abwiegeln ignoriert werden kann. Genau dies findet seitens des Umweltministeriums in Baden-Württemberg statt.

Zusätzlich gab es jetzt noch an einer Nebenkühlwasserpumpe eine Zwangsabschaltung. Dabei wurde ein weiteres sicherheitsrelevantes Problem in Neckarwestheim festgestellt. An dieser Kühlwasserpumpe war schon immer die Erdanschlussüberwachung fehlerhaft. Es geht noch weiter. An insgesamt 21 Geräten lag laut dem grünen Umweltministerium der gleiche Fehler vor. Diese Geräte befinden sich auch in sicherheitsrelevanten Bereichen.

Laut Umweltministerium ist auch dieses Ereignis als „gering einzustufen. Eine übergeordnete Bedeutung ergibt sich aus der Tatsache, dass mehrere Schutzgeräte falsch konfiguriert waren und die Prüfroutine, mit deren sie getestet wurden, den Fehler nicht entdeckt hat“. Dies deutet auf einen gravierenden Mangel in der Qualitätssicherung hin.

Das Umweltministerium muss eine Klärung der gravierenden, auch sicherheitsrelevanten Probleme im Atomkraftwerk Neckarwestheim 2 verlangen. Es darf keiner kurzfristigen atomaren Wiederinbetriebnahme des Atomkraftwerkes zustimmen. Zuerst muss die EnBW eine schlüssige sicherheitsrelevante Darstellung abgeben, warum in zwei von vier Dampferzeugern ein gravierendes Sicherheitsproblem vorliegt. Und warum eine falsche Erdung auch in sicherheitsrelevanten Bereichen über Jahrzehnte trotz permanenter Kontrollen nicht entdeckt wurde.
Das GKN 2 darf so nicht wieder ans Netz!

Audio-Mitschnitt Teil 2 des Vortrags

 Neckarwestheim November 2018  Neckarwestheim November 2018
 Neckarwestheim November 2018  Neckarwestheim November 2018