Reuters, 12.10.09
> Widerstand in CDU gegen Merkels Atomkraft-Strategie
Berlin (Reuters) - In der Union formiert sich Widerstand gegen Pläne von Kanzlerin Angela
Merkel, die Frage der Laufzeit-Verlängerung von Atomkraftwerken bis zur Wahl in Nordhrein-
Westfalen im Mai offen zu halten.
Besonders bei Wirtschaftspolitikern und in der CDU-Baden-Württemberg herrsche
Verärgerung über die Strategie, bestätigten Koalitionsvertreter am Wochenende. "Aus
meiner Sicht ist klar, dass wir dieses nicht ewig verschieben sollten, sondern da müssen jetzt
die Grundlagen und Eckpfeiler gelegt werden", sagte der Energieexperte Joachim Pfeiffer.
Nach Angaben aus der CDU sollen die Überlegungen Merkels am Montag bei der
Präsidiumssitzung in Berlin zur Sprache kommen. Baden-Württembergs Ministerpräsident
Günther Oettinger aber auch Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) und
FDP-Vize Rainer Brüderle aus der Koalitions-AG Wirtschaft hätten erbost reagiert.
KREISE: OETTINGER FÜRCHTET ATOMDEBATTE IN SEINEM WAHLKAMPF
Oettinger, in dessen Land der Energiekonzern EnBW besonders stark auf Atomkraft setzt,
würde dann Beschlüsse zur Atomkraft in seinem Wahlkampf zu verteidigen haben, hieß es.
In Baden-Württemberg wird Anfang 2011 gewählt. Auch der FDP-Unterhändler Horst
Meierhofer sagte der "Berliner Zeitung": "Je konkreter man wird, desto einfacher ist die
Zusammenarbeit in der Koalition."
Nach Reuters-Informationen aus Regierungs- und Branchenkreisen will Merkel keine harten
Festlegungen bis zur NRW-Wahl. Dies sei auch mit FDP-Chef Guido Westerwelle
besprochen. "Die Ansage der Kanzlerin ist, dass im Koalitionsvertrag nur eine sehr
allgemeine Formulierung steht", sagten mit den Verhandlungen Vertraute. So könne auf ein
Energiekonzept unter Einschluss der Atomkraft verwiesen werden, das noch erarbeitet
werden müsse. Damit sollten Union und FDP im NRW-Wahlkampf weniger angreifbar sein.
Der stellvertretende NRW-Ministerpräsident Andreas Pinkwart (FDP) sagte der "Frankfurter
Allgemeinen Sonntagszeitung", langfristig müsse Ökostrom die Basis der Energieversorgung
sein. "Die Verlängerung der Laufzeiten kann nur Teil eines energiepolitischen
Gesamtkonzeptes auf dem Weg dahin sein."
Die Koalitionsgruppe Wirtschaft drängt dagegen auf möglichst konkrete Festlegungen im
Vertrag, um die eher atomkritischen Umweltpolitiker in den Fraktionen auszubremsen und
dem künftigen Umweltministerium Spielraum zu nehmen. Dieses wird auch weiter für die
Atomaufsicht zuständig sein und könnte bei der Umsetzung von Laufzeitverlängerungen
hohe Auflagen verhängen. In ihrer Arbeitsgruppe hatten die Umweltexperten einen ersten
Entwurf für den Koalitionsvertrag ausgearbeitet, in dem hohe Hürden für eine
Laufzeitverlängerung einzelner Reaktoren vorgeschrieben wurden. Allerdings verlautete aus
Kreisen sowohl der Umwelt- wie der Wirtschaftgruppe, das Thema Atom sei noch nicht
abschließend behandelt. Einigkeit bestehe nur darin, dass die Erforschung des geplanten
Endlagers in Gorleben wieder aufgenommen werden solle.
KREISE: UNRUHE BEI VERSORGERN - ABSCHALTUNGEN STEHEN BEVOR
Merkels Vorgehen sorgte auch für erhebliche Unruhe bei den Energieunternehmen: Der Chef
von Deutschlands größtem Versorger E.ON, Wulf Bernotat, hatte vor wenigen Tagen gesagt,
es könne bis zum kommenden Sommer dauern, ehe es eine Entscheidung gibt. Merkels
Vorstoß wollten weder E.ON noch RWE kommentieren. "Die Entscheidung liegt bei der
Politik", sagte ein E.ON-Sprecher. Wenn diese sich aber weiter verzögert, stünden
Reaktoren wie Biblis A und Brunsbüttel vor dem Aus, da ihre bislang genehmigte Betriebszeit
ausläuft. Neckarwestheim I müsste schon im Frühjahr vom Netz.
Das Bundeskartellamt sprach sich unterdessen aus Wettbewerbsgründen gegen längere
Laufzeiten für die Reaktoren der großen Versorger aus: "Wenn die Laufzeiten verlängert
werden, wird die hohe Verdichtung der Erzeugungskapazitäten zementiert", sagte
Behördenchef Bernhard Heitzer dem "Handelsblatt" (Montagausgabe).
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DDP, 12.10.09
> Neckarwestheimer Atomkraftwerk für Revision vom Netz
Wegen einer jährlichen Revision ist Block I des Kernkraftwerks Neckarwestheim
vorübergehend vom Netz genommen worden. Rund 1000 zusätzliche Fachkräfte und
mehrere Spezialfirmen unterstützen die planmäßigen Untersuchungen, wie der
Energieversorger und Betreiber EnBW am Montag mitteilte. Zusätzlich werden mehrere
«Einzelprojekte» vorgenommen.
Neckarwestheim (ddp-bwb). Wegen einer jährlichen Revision ist Block I des Kernkraftwerks
Neckarwestheim vorübergehend vom Netz genommen worden. Rund 1000 zusätzliche
Fachkräfte und mehrere Spezialfirmen unterstützen die planmäßigen Untersuchungen, wie
der Energieversorger und Betreiber EnBW am Montag mitteilte. Zusätzlich werden mehrere
«Einzelprojekte» vorgenommen. So soll laut EnBW eine der drei Hauptspeisewasserpumpen
generalüberholt und der Speisewasserbehälter einer inneren Prüfung unterzogen werden.
Hinzu kommt die Inspektion und Wartung von Pumpen und Pumpenmotoren.
«Wir investieren weiter in Block I, weil wir von seiner Zukunftsfähigkeit fest überzeugt sind»,
sagte der technische Geschäftsführer des Kernkraftwerks Neckarwestheim, Jörg Michels.
Die Anlage könne nach internationalen Maßstäben 60 Jahre lang betrieben werden. Mit der
Revision «sorgen wir nun erneut dafür, dass die technischen Voraussetzungen hierfür auch
weiterhin gewährleistet sind».
Die Arbeiten finden laut EnBW unter der Aufsicht des Umweltministeriums Baden-
Württemberg statt und werden von Gutachtern begleitet. Der Reaktor Neckarwestheim I war
1976 in Betrieb genommen worden und ist der zweitälteste Atommeiler in Deutschland.
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) lehnte im Juni 2008 die von EnBW beantragte
Laufzeitverlängerung für den Reaktor «aus Sicherheitsgründen» ab. Ziel des
Energiekonzerns war eine Verlängerung der Laufzeit von Neckarwestheim I bis 2017, wobei
Strommengen vom jüngeren Reaktor Neckarwestheim II auf den älteren Block I übertragen
werden sollten.
EnBW betreibt auch das Atomkraftwerk Philippsburg sowie das im Abbau befindliche
Kernkraftwerk in Obrigheim. An den Standorten Neckarwestheim und Philippsburg wird laut
EnBW rund die Hälfte des Stroms produziert, den Baden-Württemberg benötigt.
(ddp)
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Aktionsbuendnis CASTOR-Widerstand Neckarwestheim
Info-tel 07141 / 903363
http://neckarwestheim.antiatom.net