Newsletter des Aktionsbündnis CASTOR-Widerstand Neckarwestheim
https://neckarwestheim.antiatom.net
13. November 2024

Unsere Themen heute:

- hochradioaktiver CASTOR-Transport La Hague/Frankreich nach Philippsburg
- aktueller Stand Energiewende und unsere Forderungen


Liebe Atomkraftgegner*innen, liebe Energiewender*innen,

Nach unseren Informationen soll bereits nächste Woche (Woche vom 18.11.24) der Schienentransport mit hochradioaktivem Atommüll in den 4 CASTOREN von La Hague nach Philippburg bei Karlsruhe stattfinden. Die Südwestdeutschen Anti-Atominitiativen protestieren gegen diese sinnlose Atommüllverschiebung von A nach B, da die Langzeitlagerung vollkommen ungeklärt ist.

Wir haben eine Dauermahnwache am Bahnhof in Philippsburg angemeldet und rufen dazu auf zum Protest zu kommen. Achtet auf die Hinweise auf der Homepage: www.antiatom.net

Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird der Zug spätestens am Mittwoch nächster Woche losfahren und am Donnerstag in Deutschland ankommen.
Mahnwache Philippsburg Güterhallenstraße, neben Bahnhofsgebäude.

Mittwoch, 20.11.2024, 09:00 Uhr bis 22:00 Uhr, Donnerstag, 21.11.2024,  07:00 Uhr bis 22:00 Uhr, Freitag, 22.11.2024, 07:00 Uhr bis 22:00 Uhr.

Einen Rückblick zu den Protestaktionen am vergangenen Samstag findet Ihr ebenfalls auf der Homepage der Südwestdeutschen Anti-Atom-Inis unter www.antiatom.net .

Warum protestieren wir?

Atommülllagerung:
Seit Dezember 2022 steht laut der zuständigen Bundesgesellschaft für Endlagerung mbH (BGE) fest, dass ein Standort frühestens 2046, realistisch bis 2068 gefunden werden kann. Das Ökoinstitut geht sogar von 2074 aus. Das bedeutet, dass sich die Einlagerung der hochradioaktiven Abfälle in ein  tiefengeologisches Lager bis ins nächste Jahrhundert hinziehen wird. Um die größtmögliche Sicherheit der Bevölkerung und der Umwelt zu gewährleisten, müssen daher die Gefahren der Langzeit-Zwischenlagerung deutlich ernster genommen werden. 

Zwischenlagerung:

Die sogenannten Zwischenlager sind für 40 Jahre ausgelegt und genehmigt. Die ersten Genehmigungen laufen bereits 2034 aus. Die Genehmigung für das Zwischenlager Philippsburg läuft 2047 aus. Und danach? Statt für maximal 40 Jahre muss der hochradioaktive Strahlenmüll noch mindestens 100 Jahre zwischenlagern. Bisher gibt es kein Konzept dafür, wie man die Sicherheit der Castor-Behälter und der Lager für einen so langen Zeitraum sicherstellen kann. Nach dem Abschalten der Atomkraftwerke gibt es an keinem Standort mehr eine Reparaturmöglichkeit für CASTOREN. Das offizielle Konzept „Aufschweißen eines weiteren Fügedeckels“ reicht überhaupt nicht aus im Ernstfall den Austritt von Radioaktivität zu verhindern und die Transportfähigkeit von hochradioaktiven CASTOR-Behältern sicher zu stellen.

Sogenanntes Endlager:

Die ursprüngliche Zeitplanung nach dem Endlagersuchgesetz von 2017: „Die Festlegung des Standortes wird für das Jahr 2031 angestrebt.“ [StandAG § 1, Absatz 2, Satz 5]
Offizielles Ziel war es, das tiefengeologische Lager für hochradioaktive Abfälle 2050 in Betrieb zu nehmen. Dies war eine politische Festlegung mit einem vollkommen unrealistischen Zeitrahmen um zu signalisieren, „das Thema Atommüll ist geklärt“. Diese Zeitfahrplänesind vollkommen geplatzt, siehe oben.

Aktuell ist noch komplett unklar, ob das Endlager sich in Salz, Ton oder Granit befinden wird. Somit gibt es auch noch keinen Castor-Behälter für das Endlager, da dieser vom Wirtsgestein abhängt. Es muss also neben der Suche für ein Endlager auch ein endlagerfähiger Castor-Behälter entwickelt werden. Klar ist, wenn ein Standort gefunden wird, muss dieser noch als Bergwerk ausgebaut und anschließend alle CASTOREN transportiert, umgepackt und eingelagert werden. Dies dauert mindestens noch einmal 50 - 70 Jahre, d.h. alle bundesweiten Zwischenlager werden zu unsicheren Langzeitlagern, bis weit ins nächste Jahrhundert. Neben den zentralen Zwischenlagern in Ahaus, Gorleben und Greifswald/Lubmin sind zwölf Lager an AKW-Standorten in Betrieb.

Deshalb lehnen wir diesen sinnlosen Transport ab. Der Atommüll soll so lange in La Hague im Abklingbecken bleiben, bis es eine Langzeitlagermöglichkeit in Deutschland gibt.
Für die Zwischenlager fordern wir ein gesellschaftlich akzeptiertes Gesamtkonzept, das dafür sorgt, dass die hochradioaktiven Abfälle über einen Zeitraum von 100 Jahren möglichst sicher zwischengelagert werden können!

 

Liebe Atomkraftgegner*innen, liebe Energiewender*innen,

Wie ist der aktuelle Stand der Energiewende und wie muss es rasch weitergehen?

Die erneuerbare Stromerzeugung hat in diesem Jahr einen neuen Rekordwert erreicht. Nach den Zahlen des statistischen Bundesamtes haben wir jetzt 61% erneuerbaren Strom!

Davon beträgt der Anteil Wind ein Drittel, die Photovoltaik liegt bei 14% mit der Tendenz weiter ansteigend. Allerdings gibt es immer noch 20% Kohlestrom und die politische hick-hack-Diskussion zum Ausstieg spätestens 2035 ist in vollem Gange. Der Gesundheits- und Klimaschutz tritt immer mehr in den Hintergrund.

Vor 20 Jahren ist die erneuerbare Stromerzeugung durchgestartet. Und von 2010 bis 2017 gab es jährlich einen ansteigenden Zubau an neuen Windrädern und Photovoltaikanlagen. Dies als dezentrale Energiewende mit vielen Akteuren „von unten“. In Bürgerhand, mit Genossenschaften, GBRs, Solarvereinen auch Stadtwerken und seit neustem mit der Industrie. So haben wir inzwischen 29.000 Windräder an Land und insgesamt 4,4 Millionen Photovoltaik-Anlagen die umweltfreundlich und preisgünstig Strom erzeugen. Und mit Stand August 2024 schon 700.000 Balkonkraftwerke am Start.

Ausbremsregelungen ab 2017

Diese vorwiegend dezentrale Energiewende ist viele Jahre lang ohne die bisherigen Konzerne realisiert worden. Ihnen gehörten nur 6% der erneuerbaren Anlagen. Im Jahr 2015 sind diese dann „aufgewacht“ und haben politisch interveniert. Erfolgreich, dann im Jahr 2017 traten dann massive Ausbremsregelungen zur weiteren Energiewende in Kraft.

Es wurde ein Ausschreibungszwang über die Bundesnetzagentur für jedes Windrad, jeden Windpark und große PV-Anlagen eingeführt. Gleichzeitig in mehreren Schritten die Einspeisevergütungen gesenkt und angekündigt dies zukünftig kurzfristig weiter zu tun. So wurde politisch die „Energiewende von unten“ ausgebremst und eine Verunsicherung geschaffen, wie es weiter geht.

Denn zum Bau neuer Anlagen ist eine planbare Sicherheit über Vergütungen für 20 - 25 Jahre notwendig.
Die Folge war, dass der Zubau Wind an Land seit 2017 massiv eingebrochen, in einigen Bundesländern wie Baden-Württemberg (6 neue Windräder 2024)und Bayern (4 neue Windräder 2024) so gut wie zum Stillstand kam. Dies gilt bis heute, die Zielvorgaben wurden in keinem Jahr mehr erreicht.
Gerade die Photovoltaik war von 2012 - 2017 mit jährlich neuen Zubau-Rekorden von 5 - 8.000 Megawatt stark gewachsen. Die Ausbremsregelungen führten auch hier zum Kahlschlag. Erst seit 2022 beginnt die PV wieder nennenswert zu wachsen.

Rekord-PV Zubau in 2024
Von Januar bis August wurden insgesamt 730.000 neue Anlagen installiert, dies ist der größte Zubau mit 10.000 Megawatt seit 2017. Die 4,4 Millionen PV-Anlagen haben eine Leistung von 93.000 Megawatt.
Das Zubau-Ziel von 10.000 MW 2024 ist also bereits vorab erreicht worden. Jedoch sollen jedoch ab 2026-2030 jährlich neu 26.000 Megawatt zugebaut werden, was nach jetzigem Stand nicht erreicht wird, da die Frage der Einspeisevergütung schon wieder ein Hemmschuh ist.

Wind Zubau 2024
Seit 2017 werden die jährlichen Zubau-Ziele bundesweit nicht mehr erreicht. Auch in 2024 liegen wir weit unter den erforderlichen 10.000 Megawatt. Bundesweit 290 sind im 1. Halbjahr Windräder neu ans Netz gegangen mit 1.300 MV Leistung.
Da die Windräder nach 20 Jahren aus der Förderung fallen und dann entweder eine Direktvermarktung oder die sogenannte Marktprämie stattfinden muss, werden viele Windräder abgebaut. Dies, weil vor allem die Marktprämie den Weiterbetrieb für kleine oder wenige Windräder nicht absichert. So sind in 2024 bereits 277 Windräder abgebaut worden. Mit einer kostendeckenden Mindestvergütung könnten diese noch jahrelang weiter laufen!
Deshalb gab es in 2024 nur einen Nettozubau bei Wind von 980 Megawatt.
Die Zubau-Ziele bis 2030 und Folgejahre werden aus heutiger Sicht ganz sicher nicht erreicht werden.
Der bürokratische Ausschreibungszwang für jedes Windrad, die Unsicherheit bei den Einspeisevergütungen und immer noch das Problem, dass zu wenig geeignete Flächen ausgewiesen sind, verhindern ein weiteres Durchstarten.

Offshore-Pläne Wind und die Konzerne
Die Ampel-Regierung hat in den letzten Jahren den Ausbau Wind im Meer favorisiert. Dabei bedeutet Offshore einen gigantischen Aufwand an Technik und Milliarden-Investitionen. Offshore führt weiter zu zentralen Erzeugungsstrukturen, langen aufwendigen Transportwegen und behält zentrale Verteilstrukturen bei.

Offshore ist also das genau Gegenteil einer dezentralen, erneuerbaren Energiewende, die bei Erzeugung, Verteilung, Speicherung und Verbrauch vorwiegend lokal mit überregionaler Verzweigung ausgerichtet ist.
Derzeit gibt es 9.000 Megawatt offshore. Dies soll bis 2035 auf 40.000 Megawatt und bis 2045 sogar auf 70.000 Megawatt ansteigen.
Die Bundesnetzagentur hat für offshore 2023 neue Ausschreibungsregeln eingeführt. Nicht mehr eine Anzahl von Windrädern und die notwendige Fläche wird ausgeschrieben, sondern jetzt gibt es nur Ausschreibungen für Flächen.

Wer hat in 2023 die größten Offshore Flächen ersteigert und gekauft?
Die ausgeschriebenen 4 großen Flächen, die fast der Hälfte der aktuell verfügbaren offshore-Flächen in der Nord- und Ostsee entsprechen haben die französische Total und der britische BP-Konzern für 12.6 Milliarden Euro gekauft!
Sie könnten dort Windräder für 7.000 Megawatt errichten. Aber alle Fachleute bezweifeln, selbst wenn sie das täten, dass sie jemals den Kaufpreis refinanzieren könnten. Dies ist ein typisches Greenwashing-Projekt von Konzernen um Marktmacht bei Erneuerbaren - auch gegen sie - aufbauen zu können!

Die offshore-Politik in der Nordsee ist inzwischen gepaart mit Utopien zur Wasserstoff-Erzeugung. Diese soll in Deutschland mit bis zu 40 Milliarden Euro gefördert werden. Sie stellt eine neue Form der zentralen Energieerzeugung dar und ist wegen den vielen Umwandlungsverlusten ineffektiv. Die Erzeugung von 1 kwh Wasserstoff erfordert jeweils 9 Liter Wasser. Die Pläne von Deutschland, Frankreich, England und skandinavischen Ländern würden bedeuten, dass die Nordsee bis 2045 ein Industriepark mit künstlichen Inseln werden soll.

Dies lehnen wir ab! Wir fordern die rasche weitere dezentrale und umweltfreundliche Energiewende mit Wind an Land und Photovoltaik als Standbeine. Keine neuen oder alten ineffektiven und teuren Großstrukturen, sondern die direkte Anwendung der Erneuerbaren bei Strom, Wärme und Verkehr.

Beste Anti-Atom und Energiewende Grüße
vom Aktionsbündnis


-- Aktionsbuendnis CASTOR-Widerstand Neckarwestheim https://neckarwestheim.antiatom.net