Mannheimer Morgen, 16.02.10

Kernkraft: Fieberhafte Suche nach Lösungen für die Reaktoren Biblis A und Neckarwestheim
I / Gönner erwartet Weiterbetrieb

> EnBW bleibt nur Zaungast

Von unserem Korrespondenten Peter Reinhardt

Stuttgart. Während der politische Streit um die Laufzeitverlängerung immer schärfer wird,
tickt die Uhr für die vor der Abschaltung stehenden Kernkraftwerke Biblis A und
Neckarwestheim I. Derzeit prüfen die Energiekonzerne RWE und EON einen Tausch von
Reststrommengen, um Biblis A einige Monate zusätzlicher Betriebszeit zu verschaffen. Die
EnBW als Eigentümer von Neckarwestheim I ist dabei nur Zaungast. "Wir führen derzeit
keine Verhandlungen", gab Technikvorstand Hans-Josef Zimmer auf Anfrage zu.

Beim Deal um die Reststrommenge des 2003 abgeschalteten Kernkraftwerks Stade droht
die EnBW leer auszugehen. Konkurrent RWE hat beim Poker um die noch nicht
verbrauchten 4,8 Terawattstunden schlicht die besseren Karten. Denn Stade-Eigentümer
E.ON braucht die RWE wiederum zur Lösung eigener Probleme bei seinem Atommeiler Isar
I, der 2011 zur Abschaltung ansteht.
Tauschgeschäft in Stufen

Die beiden größten Stromkonzerne der Republik planen ein Koppelgeschäft: Als
Gegenleistung für die - genehmigungsfreie - Abgabe des Stade-Reststroms an Biblis A
könnte RWE beim Verschieben von Produktionsmengen vom Reaktor Mülheim-Kärlich über
Biblis B nach Isar I helfen. Für Mülheim-Kärlich, das nur kurz am Netz war, legt das
Atomgesetz fest, welche Reaktoren Reststrom bekommen. Biblis A und Isar I sind nicht
dabei, dafür aber Biblis B. Gerhard Roller, Jurist an der Fachhochschule Bingen, stuft den
Plan aber als "klare Umgehung des Atomgesetzes" ein.

Vergleichbare Druckmittel hat die EnBW nicht. "Wir sind da blank", heißt es hinter
vorgehaltener Hand. In der vergangenen Woche hat Vorstandschef Hans-Peter Villis
öffentlich bekannt, dass nach jetzigem Stand Neckarwestheim I (GKN-EUR^I) im April oder Mai
vom Netz muss. Seither sind die Perspektiven für den über 30 Jahre alten Meiler nicht
besser geworden. Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) betont täglich, er lehne
politische Maßnahmen zur Rettung der Alt-Reaktoren ab. Und in Stuttgart sorgte Hans-Ulrich
Rülke, der Chef der FDP-Landtagsfraktion für Aufsehen, als er Neckarwestheim für
verzichtbar erklärte. Dagegen hatte FDP-Bundeschef Guido Westerwelle vor explodierenden
Strompreisen gewarnt, wenn "wir jetzt in diesem Jahr mit dem Abschalten beginnen".

Die baden-württembergische Umweltministerin Tanja Gönner (CDU) geht fest davon aus,
dass es zu einer Laufzeitverlängerung kommt und es für GKN I eine
"Überbrückungsmöglichkeit" gibt. Die CDU-Politikerin hat sogar schon zwei Millionen Euro
Einnahmen in ihrem Doppelhaushalt eingestellt. Die erwarteten zusätzlichen Gebühren für
die Genehmigung von Nachrüstungen stehen unter dem verschleiernden Titel "Erhöhung
aufgrund von Veränderungen im Bereich der Energiewirtschaft".

Mannheimer Morgen
16. Februar 2010

http://www.morgenweb.de/nachrichten/politik/20100216_srv0000005430496.html



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