Veranstaltungsbericht zu den verheerenden Folgen des Uranabbaus

http://umweltfairaendern.de/tag/selous-game-reserve/Anthony Lyamunda lebt in Tansania in einer Region, in der nach Urangesucht wird. In Süd-Tansania soll Uran im Selous-Game-Reserve, einer World-Heritage-Site, abgebaut werden - das World-Heritage-Committee hat dafür in einer umstrittenen Entscheidung extra ein Stück Land aus dem Schutzgebiet ausgegliedert. Die ganze Region - inklusive des sogenannten Niassa-Selous-Wildlife-Protection-Korridiors - soll zu einem "Energie-Distrikt" umfunktioniert werden - wenn es nach dem Willen diverser Unternehmen geht.
Im Artikel findet Ihr einen ausführlichen, dem Aktionsbündnis zugesandten Bericht zur Veranstaltung mit Anthony Lyamunda in Esslingen am 03. April 2014. Anthony könnt Ihr nochmals auf Einladung des Aktionsbündnis am 10. Mai in Stuttgart treffen.

 

Hier der Bericht von "seelöwin":

Antiatom

Wer kommt für die Energie auf, kraft der ich diese Worte tippe und im Netz verbreite?

Für meinen persönlichen Stromverbrauch bezahle ich mit Geld - im Idealfall einen Ökostromanbieter. Doch hierzulande wird der Energieumsatz immer noch von Atomkraft mitgetragen. Den leidvollen Preis für diese Art der Stromerzeugung müssen andere Leute zahlen. Ich denke insbesondere an jene, die von den verheerenden Folgen des Uranabbaus in Afrika und anderswo in der Welt betroffen sind.

Wie die Lage diesbezüglich in Tansania aussieht, hat Anthony B. Lyamunda von der in Dodoma ansässigen Nichtregierungsorganisation CESOPE[1] am 03.04.2014 im Esslinger Bürgerhaus Pliensauvorstadt einer kleinen Gruppe von Interessierten berichtet.[2] Das Kommen hat sich wirklich gelohnt. Die Veranstaltung ist lebendig und hochinteressant. Ich bin empört über die rücksichtslose Haltung der ausländischen Bergbaufirmen, der tansanischen Regierung und der internationalen Atomenergie-Nutzer gegenüber der Bevölkerung in den geplanten Uranabbaugebieten Tansanias. Und ich bin beeindruckt von CESOPEs Engagement gegen die Ausbeutung von Mensch und Umwelt sowie für das Wachstum der Zivilgesellschaft.

Der Vortrag hat verdeutlicht, dass die in Tansania lebenden Menschen, wie sie es schon bei der Ausbeutung der Goldvorkommnisse ihres Landes erfahren haben, nicht am Profit aus dem Uranabbau beteiligt sein werden. Im Gegenteil erwarten sie daraus wachsende Armut und schwerwiegende Schäden ihrer Umwelt und Gesundheit. Denn der Uranabbau bedroht ihre wirtschaftlichen und ökologischen Lebensgrundlagen.

Dies erläuterte Anthony Lyamunda am Beispiel der Bahi-Region westlich der Hauptstadt Dodoma. Es handelt sich um ein großes Sumpfgebiet, das saisonal bedingt entweder überflutet oder trocken ist. Es ist das drittwichtigste Reisanbaugebiet Tansanias und von großer Bedeutung für den Fischfang. Im Auftrag von CESOPE haben Dr. Damas K. Mbogoro and Augustino Mwakipesile von der Universität Dodoma eine Studie vorgelegt, die besagt, dass der wirtschaftliche Schaden durch den Uranabbau für die Region immens wäre. Die vorauskalkulierten Gewinne, die ohnehin nicht der Bevölkerung zu Gute kämen, fielen deutlich geringer aus als die absehbaren Verluste, welche die Menschen existenziell treffen würden.[3]

Die Freigabe des Bahi-Sumpfes zu Bergbauzwecken bedeute die landschaftliche Zerstörung des Gebietes, klärt uns Anthony Lyamunda weiter auf. Zudem ist Uran ein toxisches und radioaktives Element, bei seiner Gewinnung entstehen hochgiftige und strahlende Abfälle (Tailing). Auch die bei der Förderung verwendeten Chemikalien sind Gift. Mensch und Umwelt in den Förderregionen liefen Gefahr kontaminiert und krank zu werden. Sie hätten auch unter dem Wasser- und Energieverbrauch des Bergbaus zu leiden, ebenso unter einem erhöhten Verkehrsaufkommen, Lärmbelastung und der Zerstörung gesellschaftlicher Strukturen.

Schon heute schufen Minengesellschaften wie die australische Uranex Ltd. unzumutbare Belastungen für die Bewohner der betroffenen Landstriche durch Probebohrungen. Bohrlöcher werden einfach offen stehen gelassen, uranhaltige Gesteinsproben im dörflichen Lebensraum gelagert und giftiges Abfallmaterial ohne Sicherheitsvorkehrungen in der Landschaft verscharrt.

Eine Zuhörerin aus dem Esslinger Publikum ist entsetzt, dass die tansanische Regierung bereit ist, ihre Bürger diesen schrecklichen Umbrüchen auszusetzen. Dazu merkt ein weiterer Zuhörer an, dass es in dieser Sache auch eine Verantwortlichkeit der deutschen Regierung, Atomindustrie und Öffentlichkeit gäbe. Das nahe gelegene Atomkraftwerk Neckarwestheim bezöge seine Brennstäbe u.a. vom russischen Staatskonzern Rosatom, der an der Erschließung der Uranvorkommen in Tansania mitwirke. Und die BPR-Gruppe, die auch in Esslingen ein Architektur-und Bauingenieurbüro hat, ist deutschlandweit an zahlreichen Projekten im öffentlichen Raum sowie weltweit am Bau von Atomkraftwerken beteiligt.[4] Bevor wir solche Undinge nicht erfolgreich bekämpft haben, mache es für uns hier keinen Sinn über die tansanische Regierung zu schimpfen.

Damit ist die Brücke geschlagen von Tansania nach Deutschland. Der Vortragende Anthony Lyamunda greift die Anmerkungen aus dem Publikum auf und unterstreicht, dass wir alle Teil einer Welt-Zivilgesellschaft sind. Solange noch Atomkraft genutzt wird (und bekanntlich Millionen von Jahre darüber hinaus), sitzen wir Alle im gleichen Boot. Nicht nur Konzerne und Regierungen dürfen global agieren, sondern wir Alle sind aufgefordert, uns zu vernetzen und zu engagieren, um hier und anderswo der Atomindustrie Grenzen zu setzen und schließlich ein Ende zu bereiten.

 


[1] CESOPE = Civil Education is the Solution to Poverty and Environmental Management.

Ein in Freiburg ansässiger Unterstützerverein, Menschenrechte 3000 e.V., macht die NGO unter dem Titel “Zivilgesellschaftliches Lernen gegen Armut und für Umweltschutz und Nachhaltigkeit in Tansania” bekannt. Er sammelt auch Spenden für die afrikanische Partnerorganisation.

Mehr Informationen unter: www.cesopetz.org und www.uranium-network.org

[2] Der Abend wurde veranstaltet von http://www.sompon-socialservice.org/

Darauf aufmerksam geworden bin ich durch den Newsletter von http://neckarwestheim.antiatom.net/

[3] D. Mbogoro/A. Mwakipesile: Economical and Ecological Research of Bahi-Swamp. Final Report. Dodoma 2010. http://www.wise-uranium.org/pdf/BahiSwamp.pdf

[4] BPR  = beraten, planen, realisieren.( www.bpr-gruppe.de)  

Kunden der Gruppe sind u.a. zahlreiche deutsche Städte, Verkehrsbetriebe wie die Deutsche Bahn, BSAG Bremen, BSVAG Braunschweig, MVV Mannheim und München, SSB Stuttgart und Areva NP Offenbach. Gleichzeitig beteiligt sie sich international am Bau von Atomkraftwerken für die Areva GmbH.