Stuttgarter Zeitung, 29.07.10
> EnBW droht Jobabbau wegen Atomsteuer an
> Brennelemente - Der Energiekonzern bangt wegen der neuen Abgabe um seine
wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Von Andreas Müller
Der Energiekonzern EnBW sieht durch die geplante Steuer auf Brennelemente seine Zukunft
gefährdet. Das ist das Fazit eines dramatisch formulierten Argumentationspapiers des
Unternehmensbereichs Politik und Wirtschaft, das der Stuttgarter Zeitung vorliegt. Darin wird
ein düsteres Szenario für den Fall entworfen, dass die vom Bundeskabinett im Grundsatz
beschlossene Abgabe tatsächlich kommt. Zugleich wird mit gravierenden Konsequenzen für
Investitionen und Arbeitsplätze gedroht. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der EnBW
dürfe nicht „zerstört" werden, heißt es warnend. Ein EnBW-Sprecher bestätigte die Existenz
des Papiers, das „keiner weiteren Erläuterung" bedürfe.
Nach den Erwartungen der Konzernlobbyisten würde die Brennelementesteuer die EnBW
jährlich etwa 700 Millionen Euro kosten. Angesichts eines Ergebnisses vor Steuern von etwa
einer Milliarde Euro bedeutete dies einen „enormen Mittelabfluss". Es gehe um einen
„dramatischen Eingriff in die Zukunftsfähigkeit" des Unternehmens, dem damit „fast jegliche
Möglichkeiten zum Handeln genommen" werde.
Gefährdet sehen die Strategen vor allem den Ausbau erneuerbarer Energien, für die die
EnBW in den nächsten Jahren drei Milliarden Euro ausgeben wolle. Für die
Investitionsfähigkeit sei es unabdingbar, das günstige A-Rating zu erhalten. Die
Brennelementesteuer werde jedoch zu einer Herabstufung durch die Ratingagenturen führen
und die Finanzierung auf dem Kapitalmarkt erheblich verteuern. Die Spielräume des
Unternehmens würden dadurch „elementar" eingeschränkt.Bliebe es bei den Plänen der
Bundesregierung, hätte das dem Papier zufolge schwerwiegende Konsequenzen. „Der
Verkauf von Unternehmensanteilen, die Beendigung bereits in Angriff genommener Projekte
und Investitionsvorhaben sowie mittelfristig ein erheblicher Personalabbau wären die
zwangsläufige Folge", schreiben die EnBW-Lobbyisten. Zudem führe die neue Steuer zu
einem „starken Rückgang der Ertragsteuerzahlungen inklusive einer sofortigen Einstellung
der Gewerbesteuerzahlungen". Durch die hohe Belastung stehe auch weniger Geld für
Investitionen in die Sicherheit der Kernkraftwerke zur Verfügung. Wenn diese nicht mehr
wirtschaftlich seien, komme es „mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Stilllegung der Anlagen".
Damit entfielen für den Staat Einnahmen aus der Brennelementesteuer.
„Uns werden fast alle Möglichkeiten zum Handeln genommen"
Aus dem Argumentationspapier der EnBW-Lobbyisten
Mit dieser Drohkulisse soll offenbar Druck auf die Politik ausgeübt werden. So hat der
Konzernchef Hans-Peter Villis bereits öffentlich angekündigt, dass gegebenenfalls
Investitionen infrage gestellt werden müssten. Zugleich sprach er von juristischen Schritten
gegen die neue Steuer, die - so das Papier - „schon aus aktienrechtlichen Gründen
unausweichlich" seien. Lieber sähen die EnBW-Lobbyisten jedoch eine „konsensuale
Lösung". In der Landespolitik wurde das in Fachkreisen kursierende Papier kritisch beurteilt.
Er habe „wenig Verständnis für die Tonlage aus Jammern und düsteren Drohungen", sagte
der Grünen-Vizefraktionschef Franz Untersteller. Die EnBW habe zehn Jahre Zeit gehabt,
sich auf den Atomausstieg einzustellen, aber diese erst spät genutzt. Untersteller lobte die
Brennelementesteuer als Instrument, um die EnBW an der Sanierung atomarer Altlasten zu
beteiligen.
Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) hält die Lage des Karlsruher Konzerns offenbar
auch nicht für dramatisch. Wenn dieser in wirtschaftliche Not zu geraten drohe, wäre er
darüber informiert, sagte Mappus unlängst. Ihm sei dies jedoch nicht bekannt. Sein
politischer Einsatz für die Atomkraft habe „nichts, aber auch gar nichts mit Interessen der
EnBW zu tun", sagte der Regierungschef.
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Neue Steuer kostet EnBW 700 Millionen
Einnahmen
Von der Brennelementesteuer erwartet die Bundesregierung Einnahmen von 2,3 Milliarden
Euro jährlich. Als Unternehmen mit dem höchsten Kernenergieanteil wäre EnBW „extrem
negativ" betroffen. Die Karlsruher erzeugen etwa 50 Prozent des Stroms in Atommeilern. Bei
Eon sind es 36 Prozent, bei RWE 23 Prozent.
Ausgaben
Nicht nur EnBW selbst rechnet mit einer Steuerlast von 700 Millionen Euro jährlich. Zum
gleichen Ergebnis kommen Fachleute des Ökoinstituts. Die vier EnBW-Kernkraftwerke
würden danach wie folgt durch die Brennstoffsteuer belastet: Neckarwestheim 1:136
Millionen Euro, Neckarwestheim 2:210 Millionen Euro, Philippsburg 1: 141 Millionen Euro,
Philippsburg 2:216 Millionen Euro. mül
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