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Presseerklärung
09.08.2006

> Atomaufsicht Baden-Württemberg:
> Kritische Aufsicht oder politische Gefälligkeitsaussagen?

Durch einen Kurzschluß wurde das schwedische Atomkraftwerk Forsmark am
25. Juli von der Stromversorgung abgeschnitten. Wie in jedem
Atomkraftwerk üblich, sollen dann die Notstromgeneratoren die sofortige
Stromversorgung sicherstellen, da ansonsten der atomare Supergau durch
Überhitzung droht. Von 4 Generatoren in Forsmark funktierten zwei
überhaupt nicht, zwei weitere sprangen erst nach 20 Minuten an. Die
Landesregierung und die Atomaufsicht in Baden-Württemberg schließen dies
für die AKWs im Land aus.
Wir fragen: wirklich unmöglich?

Ein Blick auf die meldepflichtigen Ereignisse der EnBW-Atomreaktoren im
Land zeigt, dass es von Februar 2005 bis heute auch dort 6
meldepflichtige Ereignisse im Zusammenhang mit der Notstromversorgung
gab:

10.05.06 - Phillippsburg, Blockierung eines Hilfsschalters für den
Generator einer Notstromschiene
08.04.06 - Phillippsburg, Bruch eines Kolbenrings in einem
Notstromdieselaggregat
26.01.06 - Phillippsburg, Verzögertes Hochlaufen eines
Notstromdieselaggregats
30.11.05 - Obrigheim, Automatische Abschaltung eines
Notstromdieselaggregats
02.08.05 - Phillippsburg, Startversagen eines Notstromdieselaggregats bei

einer Funktionsprüfung
19.02.05 - Neckarwestheim, Notstromausfall durch Ausfall des 110-kv-
Fremdnetztrafos

Nun hat keiner dieser sechs Störfälle zu einer kritischen Situation in
den betroffenen Atomkraftwerken geführt. Was wäre jedoch, wenn
zusätzliche Generatoren nicht funktionieren würden. Was wäre, wenn, wie
im letzten Winter im Münsterland geschehen, Strommasten auch in
unmittelbarer Nähe der AKW´s unter der Schneelast zusammenbrechen? Was
wäre, wenn ein Sturm die Stromversorgung unterbricht? Was kann bei einem
Blitzeinschlag (wie am 9.6.1998 in GKN1) alles passieren? Und was
geschieht dann, wenn die AKW´s deshalb ihren Strom nicht mehr ins Netz
einspeisen können und eine sofortige Schnellabschaltung nicht gleich
funktioniert - wirklich alles ausgeschlossen? Erinnert sei an die
sicherheitstechnisch höchst wichtige Frage, ob nach einem Stromausfall
die Turbinen eines Atomkraftwerkes noch genügend Strom für eine
Schnellabschaltung liefern können. Dieses Experiment hat in der Nacht vom

25. auf den 26. April 1986 in Verbindung mit Bedienungsfehlern zum
Supergau in Tschernobyl geführt.

Wie ernst und wie sorgfältig führt die Atomaufsicht ihre Aufgaben in
Baden-Württemberg durch? Trotz gravierender, wiederholt aufgetretenen
Sicherheitsmängeln, brachte vor Jahren erst die Anweisung des damaligen
Umweltministers Trittin das AKW-Philippsburg zum stehen und die
Atomaufsicht in Baden-Württemberg zum arbeiten. Wen wundert das? Der
jahrzehntelange Chef der Atomaufsicht in Baden-Württtemberg, Dietmar
Keil, hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass er Atomfreund ist.
Gleichzeitig hat er nicht nur verschwiegen, dass er Aktienbesitzer des
Stromkonzerns EnBW ist, nein, er hat dies auf Nachfragen von Journalisten

auch noch geleugnet. Erst die Anfrage eines Aktionärsvertreters brachte
die Wahrheit ans Licht. Folgerichtig hat Herr Keil auch kurz nach seiner
Pensionierung einen "Beraterposten" bei der EnBW angenommen.

Vor kurzem noch hat der damalige Sozialminister Renner den EnBW-Chef Utz
Claassen als Rambo tituliert. Nach seinem Sturz hat ihm sein Freund
Günther Oettinger einen gut bezahlten Posten bei der EnBW besorgt.
Oettinger ist eben jener Ministerpräsident, der auch heute nach dem
Störfall in Forsmark keine Sicherheitsprobleme im Zusammenhang mit
Atomkraftwerken erkennen kann und der den bundesweiten Vorreiter für die
unverantwortliche Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke spielt.



Meldepflichtige Ereignisse in Baden-Württemberg:
http://www.um.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/4877/


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http://www.abendblatt.de/daten/2006/08/09/595827.html?s=1

"Es geht nicht, dass Sicherheit der Atomkraft auf gut Glück basiert"

"Sie versuchten verzweifelt, einen der Dieselgeneratoren vom Kontrollraum
aus zu starten, um die Kühlwasserpumpen für den Reaktor am Laufen zu
halten. Doch es fehlte der Strom für den Zündimpuls. Hinzu kam, dass
mehrere Meßinstrumente ausgefallen waren", schildert Lars-Olov Höglund
die steigende Anspannung im Kontrollraum von Forsmark I.

Nach Höglunds Darstellung wurde die Situation noch brisanter. Im
Turbinengebäude des Kraftwerks sei Dampf ausgetreten, den die
Feuermeldeanlage im Gebäude als Feuer identifiziert und mit dem
automatischen Einschalten der Sprinkleranlage sowie Sirenengeheul
quittiert habe. "Die automatischen Kameras zur Überwachung des Kraftwerks
funktionierten nicht - es fehlte der Strom - ebenso wenig die
Lautsprecheranlage, mit der im Alarmfall die Menschen im Kraftwerk
gewarnt werden", sagt Höglund.

In ihrer Not hätte die Besatzung des Kontrollraums schließlich aus dem
benachbarten Atomreaktor Forsmark II Hilfe herbeitelefoniert. Forsmark II
war zu diesem Zeitpunkt wegen Wartungsarbeiten heruntergefahren und vom
Netz. Die Kollegen sind hinübergerannt", sagt Höglund. Einer der zur
Hilfe gerufenen Ingenieure habe dann einen Weg gefunden, den benötigten
Strom für den Startimpuls von zwei Dieselgeneratoren einzuleiten.

"Ab dann lief es. Aber sie haben einfach probiert. Es war nicht die
Konsequenz von Sicherheitsanalyse und Training. Der Störfall war nicht
vorauszusehen, und es war auch nicht abzusehen, ob die Gegenmaßnahmen
greifen würden", kritisiert Höglund. Die Mannschaft aus dem Kontrollraum
jedenfalls sei anschließend "so fertig" gewesen, dass sie ihre Schicht
vorzeitig beendet habe und psychologische Betreuung brauchte, sagt der
Ingenieur.

Was den Störfall für ihn so gravierend macht ist ein Phänomen, das
Höglund als "Common Cause Failure" bezeichnet und das in der
Sicherheitsdiskussion über Kernkraftwerke eine wichtige Rolle spielt:
"Damit ist gemeint, dass gleichzeitige Fehlfunktionen in Systemen
auftreten, die einander stützen und ersetzen. Es darf nicht vorkommen,
dass eine Ursache redundante Systeme außer Funktion setzt."

Das bedeutet, der Kurzschluss hätte nicht dazu führen dürfen, dass keiner
der vier Generatoren ansprang und auch die vier Batteriesysteme
lahmgelegt waren. Wenigstens zwei hätten funktionieren müssen. "Mit
solchen Fehlern rechnet niemand", sagt Höglund. "Um die
Wahrscheinlichkeit, dass so etwas passiert, möglichst gering zu halten,
könnten vier Diesel von vier unterschiedlichen Herstellern eingebaut
werden. Darauf wird aber verzichtet, um die Kosten überschaubar zu halten
und um die Mitarbeiter einheitlich zu schulen."

Dies sei riskant, zumal es sich bei der Stromversorgung um die
zweitwichtigste Komponente in einem Atomkraftwerk handelt: "Die
wichtigste ist die Schnellabschaltung und die Regelung der Steuerstäbe.
Wenn die nicht mehr in den Reaktor eingefahren werden können, kommt es
unweigerlich zur Kernschmelze. Auch dafür gibt es redundante Systeme, die
in Forsmark auch funktioniert haben. Doch dann kommt schon die
Stromversorgung. Ohne Strom habe ich keine Möglichkeit, Kühlwasser zu
pumpen, weil die Pumpen elektrisch betrieben werden. Verdampft das
Kühlwasser, kommt es zur Überhitzung und unkontrollierten Reaktion des
Kerns. Deshalb darf der Strom nicht ausfallen."

Schon die Arbeiten am Hochspannungsnetz in der Nähe des Reaktors hätten
niemals während des Betriebs des Kraftwerks unternommen werden dürfen.
Denn die würden die Gefahr eines Störfalls bergen.

Höglund stellt in diesem Zusammenhang die Frage nach der
Sicherheitsphilosophie in Atomkraftwerken. "Wenn in so einem kritischen
Punkt wie der Stromversorgung letztlich der Zufall entscheidet, ob es zu
einer Katastrophe kommt oder nicht, ist die gesamte Reaktorsicherheit
infrage gestellt. Dann muss ich mich fragen, wie viele unbekannte Fehler
sich noch verstecken und wie verlässlich die ganzen
Sicherheitsberechnungen sind. Es geht nicht an, dass die Sicherheit der
Atomkraft auf gut Glück basiert."

erschienen am 9. August 2006


http://www.abendblatt.de/daten/2006/08/09/595732.html

> Experte: So nah war der GAU

Atom-Störfall: Die 23 dramatischen Minuten von Forsmark. Was geschah
wirklich am 25. Juli in dem schwedischen Kernreaktor? Im Abendblatt
behauptet der frühere Planungschef: Nur Glück verhinderte eine
Katastrophe.

Von Frank Ilse

Ein Störfall am 25. Juli im schwedischen Atomkraftwerk Forsmark bei
Stockholm hätte beihahe zum Gau führen können.

Ein Störfall am 25. Juli im schwedischen Atomkraftwerk Forsmark bei
Stockholm hätte beihahe zum Gau führen können. Foto: DPA

Hamburg/Stockholm -

Im Turbinengebäude trat Dampf aus, die Sprinkleranlage setzte ein,
Sirenen heulten: Der Störfall in dem schwedischen Kernkraftwerk Forsmark
I bei Stockholm (wir berichteten) lief offenbar weit dramatischer ab als
bislang öffentlich bekannt.

Zwei Wochen nach den Geschehnissen erhebt der frühere Chef der
Konstruktionsabteilung des Reaktors, Lars-Olov Höglund, im Abendblatt
schwere Vorwürfe.

Im Zeitraum zwischen dem Stromausfall im Kraftwerk und dem Start der
Notstromdiesel, so Höglund, habe unter den Mitarbeitern Panik geherrscht.
"Es war die schlimmste Situation seit Tschernobyl und Harriburg. Wir
waren furchtbar nahe an einer richtig gefährlichen Situation." Eine
Kernschmelze und damit der GAU (größter anzunehmender Unfall) seien nur
knapp vermieden worden.

Der frühere Vattenfall-Mitarbeiter hatte nach eigenen Angaben Einsicht in
die offiziellen Unterlagen über den Störfall: "Je mehr ich darüber lese,
umso schwerwiegender stufe ich die Sache ein", so Höglund zum Abendblatt.
"Vattenfall sagt zwar zu Recht, dass alles gut ausgegangen ist. Aber das
war reines Glück!" Nach Höglunds Schilderung spielte sich im Kontrollraum
des Meilers Forsmark I am 25. Juli ein 23 Minuten dauerndes Drama ab.
"Durch Arbeiten am Hochspannungsnetz in der Nähe des Reaktors kam es zu
einem Kurzschluss, der die Stromversorgung des Kraftwerks von außen
lahmlegte. Doch anders als vorgesehen lieferten weder die für so einen
Fall eingebauten Batteriesysteme Strom, noch sprangen die Notstrom-
Dieselaggregate an", sagt Höglund.

Nach seiner Aussage gibt es in schwedischen Atomkraftwerken zwei
Sicherungssysteme, die bei Stromausfall greifen sollen: "Zum einen vier
voneinander unabhängige Batteriesysteme, die jeweils 50 Prozent der für
das Kraftwerk benötigten Leistung liefern. Und unabhängig davon noch
einmal vier Dieselgeneratoren, die wiederum jeweils 50 Prozent der
notwendigen Leistung bringen. Theoretisch reicht also die Leistung von
zwei der insgesamt acht Möglichkeiten, das gesamte Kraftwerk mit Strom zu
versorgen."

"Diese Eigenvorsorge ist eine Konstruktionsvoraussetzung bei
Kernkraftwerken. Üblicherweise springen diese Systeme automatisch an.
Aber nicht in diesem Fall. Keines der Systeme sprang an. Das ist sehr
ungewöhnlich und darf nicht passieren", sagt Höglund. Dieser Fehler war
unbekannt und deshalb auch ungeübt. "Die sieben Leute im Kontrollraum
wussten einfach nicht, wie sie darauf reagieren sollten, und wurden
panisch."

erschienen am 9. August 2006

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Heilbronner Stimme, 28.07.06

> Mit der Reststrom-Übertragung soll GKN I länger laufen

Von Joachim Kinzinger

Noch dieses Jahr will der Energiekonzern EnBW wohl den Antrag stellen,
die Laufzeit von GKN I in Neckarwestheim mit einer Reststrom-Übertragung
zu verlängern. Primäres Ziel des Energieversorgers ist jedoch, eine
Debatte zur längeren Nutzung der Kernenergie anzustoßen.

Ein Blick auf die beiden Reaktoren in Neckarwestheim. Damit Block I
(rechts) über das Jahr 2009 hinaus Strom produzieren kann, beantragt die
EnBW im Umweltministerium eine Reststrom-Übertragung. (Foto: Dittmar
Dirks)

Von Joachim Kinzinger

Laut Atomkonsens muss der erste Reaktor in Neckarwestheim im Sommer 2009
vom Netz, sobald das Reststrom-Kontingent verbraucht ist. Beim Infotag
Kernenergie in Philippsburg bekräftigt EnBW-Vorstandsmitglied Dr. Hans-
Josef Zimmer: "Wir werden alle Möglichkeiten ausschöpfen, um GKN I länger
am Netz zu lassen." Zimmer spricht nicht vom "Ausstieg aus dem
Atomausstieg", sondern von der "Modernisierung des Atomkonsenses".

Was heißt dies konkret? Manfred Volker Haberzettel, EnBW-Bevollmächtigter
für Technik, Öffentlichkeitsarbeit und Politik, nennt das Grundziel: "Es
geht um die Verlängerung von Laufzeiten, nicht um Reststrom-
Übertragungen." Dazu will der Karlsruher Konzern eine neue politische
Debatte anstoßen.

Damit der Neckarwestheimer Reaktor über 2009 hinaus läuft, werde wohl
noch dieses Jahr eine Mengenübertragung beantragt. Von welchem Kraftwerk?
"Dazu sage ich nichts", gibt sich Haberzettel bedeckt. Im EnBW-Konzern
kommen nur GKN II und die beiden Reaktoren in Philippsburg (KKP) in
Frage. Diskutiert wird aber auch über die nicht verbrauchte "alterslose"
Menge der Atomruine von Mühlheim-Kärlich, die EnBW eventuell dem RWE-
Konzern abkaufen könnte.

Wenn Elektrizitätsmengen von einer neueren auf eine ältere Anlage
übertragen werden, muss laut Atomgesetz SPD-Umweltminister Siegmar
Gabriel im Einvernehmen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und CSU-
Wirtschaftsminister Michael Glos zustimmen. Das ist der große Knackpunkt
des Verfahrens.

Angesichts der Laufzeiten von bis zu 60 Jahren in den USA, Verlängerungen
in der Schweiz und den Niederlanden hält auch Hans-Josef Zimmer in
Deutschland Reaktorzeiten von 60 Jahren für möglich.

Sorge bereitet dem Unternehmen die Endlagerfrage, die die Bundesregierung
nach dem Koalitionsvertrag in dieser Legislaturperiode lösen will.
Wolfgang Heni von der Geschäftsführung der EnBW Kernkraftwerk GmBH (EnKK)
hat den Eindruck: "Es fehlt am politischen Willen." Das Moratorium für
die Erkundung in Gorleben müsse jetzt aufgehoben werden. Schließlich
seien beim Symposion des Bundesamts für Strahlenschutz im September 2005
alle Zweifelsfragen ausgeräumt worden. Dann stehe 2020 ein Endlager zur
Verfügung, so der GKN-Verwaltungschef. Ein neues Lager wäre erst 2055
fertig.

Kraftwerksleiter Zimmer in Philippsburg hat derzeit nur eine Anlage am
Netz. KKP II ist in Revision. Rund 1000 Fachleute überprüfen die Anlage,
checken Systeme. Unter der Reaktorkuppel ist es derzeit drückend heiß.
Arbeiter in weißen Overalls wechseln mit der Lademaschine im tiefblau
schimmernden Wasser ausgediente Brennelemente aus. Im August ist GKN beim
Revisionszyklus an der Reihe.

Auch die standortnahen Zwischenlager sind bis zum Herbst fertig. In
Philippsburg ist es eine Halle für 152 Behälter für 30 Millionen Euro.
Bei GKN stehen 151 Castoren in zwei Lagertunneln, die wegen der beengten
Platzverhältnisse in den Steinbruch getrieben wurden. Kostenpunkt: 40
Millionen Euro.

2005 haben die Blöcke in Neckarwestheim (17,9 Terrawattstunden) und
Philippsburg (17,5) Strom erzeugt. Laut Zimmer entspricht dies der
Strommenge für ganz Hessen.

28.07.2006 00:00
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Gemeinsame Erklärung der „Stop-Bure-Gruppe-Trier“ und der „Aktion 3.
Welt Saar“ zum Atomprojekt Bure / Lothringen:

Regierungen in Mainz, Luxemburg und Saarbrücken sollen ihr Schweigen zum
Atomprojekt Bure aufgeben und Stellung beziehen

Atomprojekt Bure gehört auf die Tagesordnung in der Großregion

„Während mitten in Europa im lothringischen Bure mit dem geplanten
Atommüll-Endlager das neben dem Atomkraftwerk Cattenom größte
Atomprojekt entsteht, hüllen sich die Landesregierungen von
Rheinland-Pfalz, dem Saarland und die luxemburgische Regierung fast
schon demonstrativ in Schweigen und glänzen durch Nichtstun.“ So
kommentiert Markus Pflüger von der Stop-Bure-Gruppe aus Trier das
Agieren in Mainz, Luxemburg und in Saarbrücken. Gemeinsam mit der
„Aktion 3. Welt Saar“ hatte die „Stop-Bure-Gruppe-Trier“ am Wochenende
an dem 2. Widerstandsfestival in Bure teilgenommen. Dort trafen sich
über 1.000 Atomgegner aus Frankreich, Deutschland, Luxemburg, den
Niederlanden und der Schweiz und vereinbarten eine intensivere
Zusammenarbeit. „Es ist schon kurios, dass das Thema Bure bei den
Treffen der Großregion Lothringen-Luxemburg-Saarland-Rheinland-Pfalz
keine Rolle spielt. Offenbar existiert diese Großregion nur auf dem
Papier und im gepflegten Büroambiente regelmäßiger Sitzungen. Wir
brauchen aber keine Sitzungsbürokratie sondern handelnde
Parteipolitiker/innen“, so Ingrid Röder von der „Aktion 3. Welt Saar“.
In Bure, das 150 km von der deutschen Grenze entfernt liegt, werden seit
1999 auf einem 15 Hektar großen Gelände Erkundungsbohrungen für ein
atomares Endlager durchgeführt. Um möglichen Widerstand zu besänftigen,
sind bereits jetzt reichlich „Subventionen“ geflossen. Ein ähnlicher
Geldregen für die innerörtliche Infrastruktur ging in den 80’er Jahre
auf die lothringische Gemeinde Cattenom nieder. An der „Erforschung“ des
Atommüll-Endlagers in Bure sind auch deutsche Firmen beteiligt. Zuletzt
stimmte das französische Parlament mehrheitlich für die unterirdirsche
Lagerung von Atommüll. Ganze 19 von 577 Abgeordneten waren anwesend. Das
ist eine Vorentscheidung für Bure, denn von ursprünglich drei Standorten
wird nur noch Bure „erforscht“. Für die „Stop-Bure-Gruppe-Trier“ und die
„Aktion 3. Welt Saar“ ist die atomare Energiegewinnung ein Fass ohne
Boden. Denn bei keiner anderen Form der Energiegewinnung fällt ein so
hochgiftiger Abfall an, der in über 10.000 Jahren noch Mensch und Umwelt
gefährdet. Wer Atommüll-Endlager baut, stellt sich selbst einen
Persilschein für den Weiterbetrieb von Atomkraftwerken aus.

Weitere Informationen: Stop-Bure-Gruppe Trier, Markus Pflüger,
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! oder Tel. 0651/ 99 41 0 17 oder bei der AKTION
3.WELT SAAR, Ingrid Röder, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, Tel 06872-9930-56

* * * * *


Frankreichs Gorleben heißt Bure 31.07.06 - ND S. 3 -

Noch in diesem Jahr will sich das Kernkraftland auf einen
Atommüll-Endlager-Standort festlegen

Von Ralf Streck, Bure

Frankreich sucht fieberhaft nach einem Endlager. Doch am favorisiertenn
Standort im Luxemburger Dreiländereck regt sich bereits der Widerstand –
mit einem bunten Protestcamp.
Obwohl es in diesem Jahr ernst wird, ist die Stimmung ausgelassen auf
dem trockenen Acker im lothringischen Bure. Hier, im Dreieck zwischen
Luxemburg, Frankreich und Deutschland feierten vom Freitag bis zum
Sonntag Hunderte Menschen auf mehreren Bühnen ihren Protest gegen das
geplante französische Endlager für hochradioaktiven Atommüll. Angereist
waren Franzosen, Deutsche, Luxemburger, Schweizer, und auch aus der
Niederlande und aus Spanien kamen Aktivisten, um auf Veranstaltungen
über eine Perspektive des gemeinsamen Widerstands gegen die Atomkraft zu
diskutieren.
Ein örtlicher Bauer hat den Atomkraftgegnern einen steinigen Acker zur
Verfügung gestellt, damit das französische Netzwerk gegen Atomkraft das
Festival gegenüber dem Bohrturm durchführen kann. Schon das ist ein
Erfolg in der konservativen und menschenleeren Region, in der sich die
staatliche Agentur für Radioaktive Abfälle (Andra) mit viel Geld beliebt
zu machen versuchte. Für die Gegner ist klar: Nicht die Ton-Schicht in
500 Metern Tiefe sei für die Auswahl von Bure verantwortlich, sondern
die Tatsache, dass es sich um eines der am wenigsten besiedelten Gebiete
Frankreichs handelt. Ein Gebiet, das sich, weil zudem ziemlich arm, mit
Versprechen von Arbeitsplätzen und Investitionen ködern lasse.
Das gelang zunächst recht gut. Hunderte Millionen Euro flossen in die
Region, um ein »Endlagerlabor« bei der Gemeinde Bure zu bauen. Bure ist
mit 80 Einwohnern so klein, dass man es auf den Karten vergeblich sucht.
Angeblich soll hier nur ein Labor entstehen, in das jährlich knapp 8
Millionen Euro fließen, um die etwa 40-50 Meter dicke Lehm-Ton-Schicht
zu erforschen. Denn das französische Gesetz schreibt vor, bis 2006 drei
verschiedene Standorte und drei Lagermedien zu untersuchen. Doch
scheiterten alle weiteren Versuche, einen Untersuchungsstandort zu
errichten, am Widerstand in der jeweiligen Region.
Bei der Andra, gegenüber vom Widerstandsfestival, ist die Sitmmung
gespannt. Der politische Druck wächst, schließlich wollen die
Konservativen ein neues Atomzeitalter einläuten. Die Lösung für die
zahlosen Tonnen Atommüll, der im Atomstromland Frankreich schon jetzt
angehäuft wurde, drängt. Hunderte Atomkraftgegner bereiten ihr auch
dieses Jahr wieder Probleme. Und der Widerstand wird jährlich stärker.
Die Teilnehmer mussten penible Polizeikontrollen über sich ergehen
lassen. Der Standort mit dem Bohrturm ist wie eine Festung abgeriegelt.
Allerdings blieb es bis zur Demonstration am Sonntag friedlich, bis auf
ein Geplänkel im Vorfeld des Festivals, bei dem vier Jugendliche
verhaftet wurden.
Die Proteste sind nachhaltig geworden in den letzten Jahren. Vor drei
Jahren haben sich Kernkraftgegner mit einem Widerstandshaus in Bure
festgesetzt, und die Akzeptanz für sie steigt. Zunächst, das berichten
Aktivisten, glaubten viele den »Auswärtigen« nicht so recht, dass bei
Bure ein Endlager entstehen soll. Doch das wird immer deutlicher: Noch
in diesem Jahr soll die Entscheidung im Parlament fallen. Und da es
neben Bure keinen weiteren Standort gibt, wird allseits erwartet, dass
die Konservativen Bure festklopfen.
Dabei sei hier in den Hügeln von Lothringen »praktisch noch nichts
untersucht worden«, klagt der Koordinator des Widerstanshauses Peter
Desoi. Tatsächlich stockten die Arbeiten immer wieder, auch einen
tödlichen Unfall hat es bereits gegeben. Erst jetzt wurde die Bohrtiefe
von 500 Metern erreicht und die beiden Stollen vereint.
Nun, so war geplant, sollte das Verhalten des Gesteins auf das
Einbringen von radioaktiven Materialien untersucht werden. Wegen der
Verzögerungen wurde ein Labor aber schon in 450 Meter Tiefe
eingerichtet, um für die Parlamentsentscheidung Ergebnisse liefern zu
können. Da man nur am Rand der Schicht arbeitet, sind die aber
wissenschaftlich zweifelhaft.
Doch bei der Andra tut man so, als verlaufe alles gut. Sie hat nun die
Lage der Schicht bestimmt und die Einwohner in 16 Dörfern aufgeschreckt,
die für die definive Einrichtung des Endlagers in Frage kommen. Bei den
Gegnern plante man derweil am Rand des Festprogramms das weitere
Vorgehen. Die gute Beteiligung in Bure am Widerstandsfestival und die
Tatsache, dass man im Frühjahr fast 30 000 Menschen zum geplanten neuen
Atommeiler nach Penly mobilisieren konnte, sind da eine gute
Ausgangsbasis – und Gründe, auch mal sich selbst zu feiern. Es wäre ja
nicht das erste Mal, dass die Regierung zurückziehen müsste.

* * * *
Neue Rheinische Zeitung NRHZ-Online vom 30.7.06 :
Protestcamp in Bure www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=1788


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Stuttgarter Zeitung, 25.07.06

> Die EnBW und ihr geheimer Zirkel von Atomexperten

Wer sitzt eigentlich im neu gegründeten Forum Kernenergie? - Stromkonzern
schweigt sich über die Mitglieder aus

Einst ist sie gegründet worden, um erneuerbare Energien zu fördern. Nun
befasst sich die Stiftung Energieforschung der EnBW mit der Zukunft der
Kernkraft. Mit dabei: Exatomaufseher Dietmar Keil.

Von Andreas Müller

Die Antwort von Dietmar Keil (65) war klipp und klar. "Ich bin zu keinem
Zeitpunkt Berater der EnBW gewesen", versicherte der langjährige Chef der
Atomaufsicht des Landes. Niemals habe er ein solches Angebot von dem
Stromkonzern erhalten und "infolgedessen auch niemals eine Vergütung
entgegengenommen".

Die Antwort der Energie Baden-Württemberg AG war ebenfalls klar, aber mit
einer Einschränkung. "Eine Beratertätigkeit von Herrn Dr. Keil ist uns
nicht bekannt", verkündete die Pressestelle. "Um keine Missverständnisse
oder Fehlinterpretationen aufkommen zu lassen", folgte jedoch ein Zusatz:
der einstige Atomaufseher sei einer von etwa 50 Kuratoriumsmitgliedern
bei dem von der Stiftung Energierforschung Baden-Württemberg ins Leben
gerufenen Forum Kernenergie Baden-Württemberg.

Stiftung Energieforschung? Forum Kernenergie? Erstere ist gut anderthalb
Jahrzehnte alt und fast in Vergessenheit geraten, Letzteres frisch
gegründet und noch nahezu unbekannt. Es war 1989, als die Landesregierung
von Lothar Späth wieder einmal ein "bundesweit einmaliges" Projekt
verkündete: Gemeinsam mit vier Energieversorgungsunternehmen - den
Vorläufern der heutigen EnBW - gründe man eine Stiftung, um die
erneuerbaren Energien zu fördern. Aus den Erträgen des Kapitalstocks, im
Endzustand 50 Millionen Euro, sollten Forschungsvorhaben etwa zur
Solarenergie oder zur Wasserkraft finanziert werden. Vorsitzender des
Stiftungsrates wurde der damalige Wirtschaftsminister Hermann Schaufler
(CDU).

Doch die hochfliegenden Pläne fielen bald dem Sparzwang zum Opfer. Das
Land, inzwischen von Erwin Teufel regiert, hatte kein Geld mehr und zog
sich schließlich ganz aus der Stiftung zurück. Heute wird sie, als
gemeinnützige Organisation öffentlichen Rechts, alleine von der EnBW
geführt, versehen mit einem Kapital von gut 25 Millionen Euro. Ihr Zweck
laut Satzung: "Förderung regenerativer Energien, der rationellen
Energienutzung und der Energiewirtschaft", möglichst mit Bezug zu Baden-
Württemberg.

Ging es anfangs eher um Alternativen zur Atomkraft, so soll diese nun
selbst von der Arbeit der Stiftung profitieren. Auf Anregung des Landes
und der EnBW jedenfalls etablierte sie im Dezember 2005 das Forum
Kernenergie. Damit entstehe "eine Plattform zur offenen und fundierten
Diskussion aktueller und allgemeiner Fragen rund um die Nutzung der
Kernenergie", loben Umweltministerin Tanja Gönner (CDU) und EnBW-
Technikvorstand Thomas Hartkopf in einer gemeinsamen Erklärung zur
Gründung. Trotz des Atomausstiegs wolle man die fachliche Kompetenz
erhalten und den Südwesten als "kerntechnischen Forschungsstandort"
sichern. Die Themenpalette reiche "von der globalen Dimension . . . bis
hin zu konkreten Perspektiven für Baden-Württemberg". Diskutiert werden
soll unter anderem über die Entwicklung neuer, sicherer Reaktoren sowie
über Neubauprojekte in Europa.

Über die personelle Zusammensetzung des Forums gibt die EnBW nur vage und
widerwillig Auskunft. Bei dem "exklusiven Kreis von Kuratoren" handle es
sich um "Persönlichkeiten aus Forschung, Politik, Wissenschaft und
Gesellschaft" aus Südwestdeutschland, der Schweiz und Frankreich, die
"wegen ihrer hohen Kompetenz ausgewählt" wurden. Namen mag der
Stromkonzern, abgesehen von Keil, indes keine nennen: Das seien
"personenbezogene Daten", die dem Datenschutz unterliegen. Ohne Erlaubnis
der Betroffenen dürfe man sie leider, leider nicht herausgeben. Wozu die
Geheimniskrämerei? Nach der Mitgliederliste, die der Stuttgarter Zeitung
vorliegt, ist das Kuratorium eher unspektakulär besetzt. Da wimmelt es
zum einen von EnBW-Managern, vom Technikvorstand über die Kraftwerkchefs
bis zum Berliner Cheflobbyisten. Die Landespolitik ist vertreten durch
Umweltministerin Gönner, ihren Amtschef und ihren Vorvorgänger Ulrich
Müller. Das zunächst vergessene Wirtschaftsministerium durfte einen
Abteilungs- und einen Referatsleiter entsenden.

Aus der "großen" Politik kommen die CDU-Bundestagsabgeordneten Joachim
Pfeiffer und Kurt Dieter Grill sowie der frühere Europaparlamentarier
Rolf Linkohr (SPD). Die Wissenschaftler sind meist durch den Zusatz
"Prof. Dr." erkennbar - darunter übrigens auch der Doktorvater des von
der EnBW gefeuerten Neckarwestheimer Reaktorchefs Eberhard Grauf. Und
zwei ausgewiesene Kernkraftkritiker zählen, sofern es sich nicht um
Namensvetter handelt, ebenfalls zu der Runde: Michael Sailer von der
Reaktorsicherheitskommission und Wolfram König vom Bundesamt für
Strahlenschutz.

Allzu arbeitsintensiv ist das Forum offenbar nicht: Bisher hat es erst
einmal getagt, Ende März zum Thema "Proliferation". Dafür gibt es auch
"keine Vergütung", wie die EnBW betont; nur Reisespesen werden wohl
bezahlt. Er bekomme auch keine Aufwandsentschädigung, keinen
Auslagenersatz oder Ähnliches, beteuert Dietmar Keil, der Wert darauf
legt, das Mandat erst als Pensionär übernommen zu haben.

Nur ein Präsent erhielt Keil wie alle anderen Kuratoren: den
Füllfederhalter, mit dem er im vorigen Dezember die Gründungsurkunde
signierte.


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Stuttgarter Zeitung, 11.07.06

> Der Atomaufseher mehrt sein Vermögen mit EnBW-Aktien

Einstiger Kontrolleur des Stromkonzerns ist seit Jahren Anteilseigner -
Seine Unabhängigkeit sieht Dietmar Keil dadurch nicht berührt

Kritiker haben Dietmar Keil wiederholt zu wenig Distanz zur EnBW
vorgeworfen. Nun werden sie sich bestätigt sehen: Der langjährige Chef
der Atomaufsicht, stellt sich heraus, ist seit Jahren zugleich Aktionär
des Stromkonzerns. Eigentlich wollte er das unbedingt geheim halten.

Von Andreas Müller

Bei der Hauptversammlung der Energie Baden-Württemberg AG (EnBW) sieht
man meistens die gleichen Gesichter. In den vorderen Reihen sitzen die
Vertreter der Großaktionäre, französische Manager und oberschwäbische
Landräte. Weiter hinten kommen die Kleinaktionäre, zumeist ältere Herren
aus der Region, die dem Karlsruher Stromkonzern seit vielen Jahren die
Treue halten.

Dieses Jahr gab es ein neues - und doch bekanntes - Gesicht beim Treffen
der Anteilseigner. Zwischen den Besuchern in der Schwarzwaldhalle saß
auch Dietmar Keil, der langjährige Chef der Atomaufsicht im Stuttgarter
Umweltministerium. Bis zu seiner Pensionierung im vorigen November war
der 65-jährige Spitzenbeamte für die Sicherheit der Kernkraftwerke im
Südwesten zuständig - und in dieser Funktion höchst umstritten. Seine
Kritiker warfen ihm vor, zu wenig Distanz zu den Betreibern der
Atommeiler zu halten. Er selbst gerierte sich dagegen gerne als scharfer
Kontrolleur der EnBW.

War Keil neuerdings etwa Aktionär des Stromkonzerns, den er früher
beaufsichtigte? Womöglich sogar schon länger? Oder verfolgte er die
Hauptversammlung als interessierter Gast, den sein Job auch im Ruhestand
nicht loslässt? Von der Stuttgarter Zeitung befragt, antwortete der
Pensionär ohne zu zögern: Er sei lediglich "interessierter Gast". Es
klang sehr überzeugend - wohl vor allem deshalb, weil der Atomexperte
darauf vertraute, dass ihm niemand das Gegenteil beweisen könnte.

Tatsächlich war das nicht so einfach. Die EnBW wollte sich zu Keils Rolle
aus Gründen des Aktienrechts und des Datenschutzes nicht äußern: Einblick
in das Teilnehmerverzeichnis der Hauptversammlung erhielten nur
Anteilseigner. Man habe keine Namens-, sondern Inhaberaktien und kenne
die einzelnen Aktionäre daher gar nicht, fügte die
Kommunikationsabteilung hinzu. Auch das Umweltministerium erklärte sich
für unzuständig. Der Besitz von Aktien falle in der Regel "als Teil der
Vermögensbildung in die Privatsphäre" der Beamten, erläuterte die
Pressestelle von Tanja Gönner (CDU). Schon deshalb erkundige man sich
nicht danach.

Erst die offizielle Anfrage des Aktionärvertreters Matthias Gaebler
brachte die Wahrheit ans Licht: Keil hatte schlicht gelogen. Er sei mit
insgesamt 41 Aktien anwesend gewesen, teilte der Konzern pflichtgemäß
mit. 20 Stimmrechte habe er selbst wahrgenommen, 21 auf einen Bekannten
übertragen. Bei einem Kurs von damals etwa 50 Euro ergab das einen
Bestand im Wert von rund 2000 Euro. Wenn der Chefkontrolleur
Miteigentümer des Kraftwerksbetreibers sei, spöttelte Gaebler, sehe die
Atomaufsicht "doch sicher gleich ganz anders aus".

Beim Schwindeln dummerweise ertappt, ging Keil erst einmal auf
Tauchstation. Wochenlang reagierte er nicht auf telefonische Anfragen der
Stuttgarter Zeitung. Seit wann er Aktionär sei, ob schon zu aktiven
Zeiten oder erst nach der Pensionierung - zu diesen und anderen Punkten
wollte der promovierte Physiker eigentlich keine Auskunft geben.
Begründung: er sei inzwischen "Privatperson". Erst nach einer
schriftlichen Anfrage überlegte es sich Keil anders. Jawohl, bestätigte
er nun, er sei Aktionär der EnBW - und das schon seit Jahren. "Als Teil
meiner privaten Vermögensbildung" besitze er seit 1999 die besagten 41
Anteile, nicht mehr. Die habe er seinerzeit "bei meiner Bank privat
käuflich erworben" und nicht etwa geschenkt oder als Gegenleistung
erhalten. Warum er das zunächst wahrheitswidrig bestritten hatte,
erklärte der Ministerialdirigent a. D. ebenfalls: Er habe vermeiden
wollen, dass man aus seinem geringfügigen Besitz "unzutreffende
Schlussfolgerungen" ziehe.

Nun, nach der missglückten Verschleierung, wirft der Vorgang erst recht
Fragen auf. Wie unabhängig kann der oberste Atomkontrolleur agieren, wenn
er am wirtschaftlichen Florieren des Kraftwerksbetreibers ein ganz
persönliches Interesse hat? Ein Reaktor zum Beispiel, der auf Geheiß der
Aufsicht aus Sicherheitsgründen still steht, kostet die EnBW täglich 500
000 Euro. Das fällt selbst bei einem finanziell so fett gepolsterten
Konzern finanziell ins Gewicht - und kann bei einem langen Ausfall
durchaus den Aktienkurs tangieren.

Doch Keil will von derlei Bedenken nichts wissen. Einen Zielkonflikt
zwischen seiner beruflichen Funktion und seiner Rolle als
"Kleinstaktionär" habe es nie gegeben: Die EnBW-Anteile hätten "mein
unabhängiges aufsichtliches Handeln in keiner Weise berührt oder gar
beeinträchtigt". Stets habe er "streng sicherheitsorientiert" gehandelt
und dabei auf "Wachsamkeit, Unabhängigkeit und Durchsetzungsfähigkeit"
der Aufsicht geachtet. Im Übrigen gebe es da gar keinen
Interessengegensatz: "Nur ein sicheres Kernkraftwerk kann auch
wirtschaftlich sein."

Wesentlich einsilbiger äußert sich das Umweltministerium, das von der
Stuttgarter Zeitung über Keils Aktienbesitz aufgeklärt wurde. "Eine
beamtenrechtliche Vorschrift, die es einem Beamten der
Kernenergieaufsicht verbietet, gleichzeitig Aktionär der EnBW zu sein,
gibt es nicht", lässt Ressortchefin Gönner knapp erklären. Doch damit
macht sie es sich zu einfach. Fürs private Wertpapierdepot von
Staatsdienern existiert in der Tat keine Spezialvorschrift. Aber nach
Auskunft von Experten gelten die allgemeinen Regeln für Befangenheit.

An Verwaltungsverfahren darf laut Gesetz nicht mitwirken, wer dadurch
einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil erlangen kann. Der ursächliche
Zusammenhang zwischen Amtshandlung und Vor- oder Nachteil muss freilich
in jedem Einzelfall belegt sein - was bei Keil womöglich schwierig sein
könnte. Eindeutig gilt für ihn laut Fachleuten hingegen eine weitere
Vorschrift: Schon wenn nur der Verdacht einer Befangenheit entstehen
könnte, muss der jeweilige Beamte seinen Dienstvorgesetzten informieren;
damit soll ein "böser Anschein" vermieden werden. Doch die verschiedenen
Umweltminister, die Keil mehrfach gegen Rücktrittsforderungen verteidigen
mussten, wussten offenbar nichts von seiner speziellen Beziehung zur
EnBW.

Jetzt, da sie publik wird, ist Keil zu seinem Glück bereits im Ruhestand;
sonst geriete er wohl erneut massiv unter Druck. Im Nachhinein klingt
seine Begründung, warum er nicht noch ein, zwei Jahre anhängte, geradezu
seherisch: Er wolle "das Schicksal nicht herausfordern".

Aktualisiert: 11.07.2006, 06:13 Uhr
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